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Dienstag, 2. Juli 2013

Kuchen: Teiginhaltsstoffe und Wirkung

Wenn wir so durch das Internet nach Kuchenrezepten surfen, stellen wir natürlich fest, dass es beträchtlich mehr Rezepte mit als ohne Ei gibt. Wer Eier nicht mag, Eier nicht verträgt oder Eier aus ethischen Gründen nicht verwenden möchte, hat sich sicher schon gefragt, ob es da nicht so etwas wie einen Eiersatz gibt, den wir einfach statt den geforderten Eiern in den Teig geben.

Was die Übertragung von Rezepten mit Eiern etwas schwierig macht, ist die Tatsache, dass wir bei unbekannten Rezepten mit Ei, eigentlich nicht wirklich wissen ob diese Rezepte auch schmecken oder die gewünschte Textur haben. Um einen Vergleich da anzustellen, müssten wir erst das Rezept mit Ei nachbacken. Ja und das wollen wir ja nicht unbedingt. Also lesen wir die Reaktionen der Nachbacker und müssen oft feststellen, dass das gleiche Rezept von super toll bis fast ungenießbar bezeichnet wird. Also ein Ei ist demnach wohl nicht alles, was einen Kuchen gelingen lässt. Wir hatten auch eine Masterchef Sendung gesehen wo alle Teilnehmer ihren Cupcake so ziemlich nach dem selben Schema gebacken haben. Butter mit Zucker aufschäumen, Eier hinzugefügt, Mehl und Flüssigkeit hinzugefügt. Auch hier waren die Ergebnisse sehr unterschiedlich. Von staubtrocken und bröselig bis kompakt hat es so ziemlich alle möglichen Texturen gegeben.

Warum also die Zutaten nicht erst einmal analysieren und sehen was sie so alles bewirken. Wir haben diese Analyse zum Teil einer amerikanischen Bäckerin überlassen, die zwar keine Ahnung von einem eierlosen Kuchen hat, aber einen sehr schönen Vortrag über die Zutaten ihres Yellow Cakes hielt. Wer möchte kann sich das hier auf Englisch ansehen. 

Mehl: 
Das Mehl soll wenig Gluten enthalten,  da die Proteine der Gluten sich zusammen mit Flüssigkeit zu dehen beginnen und elastisch werden. Etwas was bei einem Kuchen nicht so erwünscht wird, da er sich dann gummiartig anfühlt. Andererseits sorgen die Gluten dafür, dass der Kuchen auch zusammenhält. Kuchenmehl hat daher wenig Gluten.

Butter:
Die Butter hüllt die Mehlpartikel ein und schützt damit das Mehl vor Wasser. Dadurch wird verhindert, dass der Teig zu elastisch/dehnbar wird. Zuviel Butter macht den Kuchen aber oft grießig (körnig)

Zucker:
Zucker süßt den Kuchen und zieht Feuchtigkeit an. Je mehr Zucker in einem Teig ist, desto saftiger wird er. Mit der Butter zusammen halten die Zuckerkristalle, die aufgeschäumte Luft besser. Zucker trennt auch die Glutenstränge. Zucker karameliseirt auch im Teig und trägt daher neben dem Maillardeffekt zur Farbe des Kuchens bei.

Eier:
Dotter: Enthält eine menge Fett. Es hilft Flüssigkeit und Fett zu emulgieren und im Teig gleichmässiger zu verteilen. Die Emulsionen können mehr Luft halten. Dotter trägt viel zur Konsistenz und einem angenehmen Mundgefühl bei. 
Eiweiss: enthält 90 % Wasser und ist daher durchsichtig. Durch schlagen entwickelt es kleine Bläschen und wird undurchsichtig. Zucker agiert hier als Steifhaltemittel. Wenn das Eiweiss zulange geschlagen wird, dann gibt es einen Punkt, wo die Proteine, die sich erst gedehnt haben, plötzlich überdehnen und dann alles in sich zusammenfällt. Das Wasser kommt dabei heraus.

Das Ziel eines guten Teiges ist, so viel als möglich Luft in den Teig zu bringen. Das geschieht durch:

Luft: Wenn sich im Teig bereits viele Luftbläschen befinden und der Teig in das Backrohr kommt, dann dehnt sich die Luft aus. Durch aufschäumen der Butter mit Kristallzucker bekommt man Luft in den Teig.

Dampf: Wasser dehnt sich 1100 fach seines eigenen Volumens aus sobald es erhitzt wird. Eiweiss hat 90% Wasser und Butter 18% Wasser, dass sich in Dampf verwandelt.

Backpulver und Natron:
reagieren entweder mit Hitze oder mit Flüssigkeit oder mit Säure. Bei zuviel Triebmittel geht der Teig zu rasch auf und fällt wieder in sich zusammen.

Natron reagiert mit Säure. Da muss der Teig rasch in den Ofen sonst ist das ganze gleich verpuft. Andererseits regiert Natron auch mit Hitze. Das haben wir schon bei den Honeycombs gesehen. Hier benötigten wir keine zusätzliche Säure um das Natron heftig zum Schäumen zu bringen.

Backpulver reagiert mit Flüssigkeit. Darum geben wir die Flüssigkeit immer erst zum Schluss hinein.

Warum nur hat die Bäckerin in ihren Kuchen sowohl Natron als auch Backpulver verwendet? Natron klar, das neutralisierte die Säure der Buttermilch. Zurück bleibt ein Salz. Ein Zuviel lässt den Kuchen seifig schmecken. Also lieber weniger und dafür Backpulver. Zuviel Backpulver würde metallisch schmecken. Also fügt sie beides nach ihrer Faustregel 2 TL Backpulver und 1/2 TL Natron pro 128 g Mehl (= 1 Tasse) hinzu.

Hier noch die Zutaten für ihren Teig so wie er nach ihren Testessern sein sollte. Zart, luftig und locker.

Zutaten für den "Yellow Cake":
324 g Butter
400 g Zucker
3 Eier
3 Eigelb
1 TL Vanille
360 g Kuchenmehl
1 TL Backpulver
1/2 TL Soda
240 g fettfreie Buttermilch

Der ideale Teig:

Vor ihren Vortrag gab es noch eine sehr interessante Einführung eines Harvard Professors, der eine Studie mit seinen Studenten über Internet Rezepte durchführte und feststellte, dass seit der paar Grundrezepte, keine wirklich neuen Rezepte mehr erfunden wurden. Ein Grund für uns ein neues Rezept für einen eierlosen Kuchen zu entwickeln.

Der ideale Teig sollte einen Kuchen ergeben, der zart, luftig und ausgeglichen ist. Also dann - erst einmal ein Testküchlein, in das wir all unsere neue erworbenen Erkenntnise hineinbringen. Unsere Stärketests wurden inzwischen vervollständigt und abgeschlossen. Wer sich das noch einmal ansehen möchte kann das hier.

Zu Vergleichszwecke nehmen wir wieder die ausgefetteten und bemehlten Muffinsformen. Soweit wir gesehen haben, kann ein Teig nicht endlos gehen. Der Teig mit dem Sojamehl ist am höchsten aufgegangen, war luftig und schön locker, aber auch trocken. Zuviel Luft trocknet in zu großen Hohlräumen den Teig also aus. Das Problem mit zuviel Gluten ist mit Maisstärke rasch behoben und geht dazu noch gut auf. Der Teig sollte aber auch ein bißchen weniger deftig sein. Mit Johannisbrotkernmehl benötigten wir weniger Mehl. Sojamehl hat die Zutaten eigentlich schön emulgiert. Und die Idee sowohl Natron als auch Backpulver zu verwenden, leuchtet auch ein. Also noch etwas Buttermilch als Ergänzung zur  Milch, die wir dem Teig in Schaumform hinzufügen.  Der Teig geht am Rand zu Beginn etwas stärker auf gleicht sich aber dann aus und kommt sehr schön heraus. Er bräunte zwar stärker als all die Muffins der anderen Testversuche aber das Ergebnis entsprach unserem Testziel und war perfekt. In den nächsten Blogeinträgen werden wir dann das perfektionierte Rezept für verschiedene Kuchen unter anderem auch einen Veganen vorstellen.

Hier unser Rezept:

Zutaten für 6 Stück:
35 g Mehl (enthält die Gluten für den Zusammenhalt)
35 g Maisstärke (verhindert, dass der Teig zu elastisch wird)
10 g Sojamehl (Protein statt Stärke und Lezithin um Öl und Flüssigkeit zu emulgieren)
2 g Johannisbrotkernmehl (bindet die Flüssigkeit und verringert den Mehlanteil)
75 g Zucker (zieht Feuchtigkeit an und hält den Kuchen saftig)
20 g Kokosraspeln (bindet überschüssige Feuchtigkeit und lockert auf)
1 g Natron (Triebmittel mit Buttermilch zusammen)
3 g Backpulver (Zweites Triebmittel)
10 g Buttermilch (Flüssigkeit, Emulgator und teil des Triebmittels)
100 g Milch und 3 g Mehl (bildet den Milchschaum)
50 g neutrales Sonnenblumenöl

  1. 3 g Mehl mit etwas von der Milch anrühren. Dann in einem kleinen Topf zusammen mit der restlichen Milch erhitzen und unter Rühren zum Kochen bringen. Kurz aufkochen lassen. In eine schmale Schüssel gießen. Mit etwas Frischhaltefolie abdecken und 2 Stunden kalt stellen.
  2. Backrohr auf 190 °C vorheizen. Muffinsformen einfetten und bemehlen. 
  3. Mehl, Maisstärke, Sojamehl, Johannisbrotkernmehl, Zucker, Kokosraspeln, Natron und Backpulver in eine Schüssel einwiegen. Dann alles in eine andere Schüssel sieben.
  4. Milch aus dem Kühlschrank nehmen und mit dem Handmixer zu Schaum aufschlagen.
  5. Sonnenblumenöl und Buttermilch zusammen zu einer Emulsion mixen. Zur Mehlmischung schütten und verrühren.
  6. Milchschaum hinzufügen.
  7. Alles mit dem Handmixer/Rühreinsätze verrühren und in die Muffinsformen füllen.
  8. 20 bis 25 Minuten backen.
  9. Herausnehmen, kurz abkühlen lassen und aus den Formen heben. Ganz auskühlen lassen.
nach dem Backen
aus der Muffinform
Anschnitt

13 Kommentare:

  1. Vielen Dank für diesen sehr informativen Beitrag. Ich lerne bei Dir immer wieder was Neues.

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  2. Sehr interessanter und informativer Artikel! =)
    Dankeschön =)

    Liebe Grüße,
    Sarah =)

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  3. Toll zusammengestellt!!!!! Danke :)

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  4. Total interessant. Habe ich direkt gebookmarkt und werde ich garantiert noch das ein oder andere Mal durchlesen.

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  5. Danke Persis. ♥ Freut mich, dass Dich das Thema so wie mich im Augenblick begeistert. :-)

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  6. Sehr informativ!
    Liebe Grüße, Renate

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  7. Endlich mal etwas, was auch der backende Laie versteht - DANKE!!!!
    bussi
    mo

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  8. Wieder mal sehr schön erklärt- und dass das Experiment auch gleich glückt- Kompliment. Wobei mich, als Frau die sich mit der Gesundheit der Menschen beschäftigt, Eier im Kuchen viel weniger stören als Zucker.... (g)

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    1. Danke Ninive. ♥ Das Lob geht auch an die tüchtige Bäckerin, die eigentlich in Hardvar Mathematik studiert und dann plötzlich ihre Liebe zum Backen gefunden hatte. Ich persönlich glaube, dass ein enger Zusammenhang zwischen Eier und Zucker in einem Teig besteht, wenn es darum geht, dass der Kuchen saftig sein soll. Auch wenn Dotter viel Fett enthält, tocknet er den Teig irgendwie aus. Wahrscheinlich ein Grund warum die Bäckerin in ihrem Rezept mehr Zucker als Mehl verwendet. Aber was die Gesundheit betrifft - ein ZUVIEL egal wo ruiniert immer die Gesundheit... :-) lg Anna

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